Im Juli 2001 veröffentlichte die Frankfurter Allgemeine Zeitung meinen Artikel „Keine Angst vor der Erbschaftsteuer“, in dem ich die Gründe erläuterte, warum sich deutsche Immobilienbesitzer in Spanien vor der dortigen Erbschaftsteuer nicht fürchten mussten. Heute muss ich einen ganz anderen Artikel schreiben.
Jeder Erbe einer Immobilie in Spanien unterliegt dort der Zahlung der Erbschaftsteuer, und zwar aus dem Grunde, dass sich die Immobilie auf spanischem Boden befindet. Das spanische Erbschaftsteuergesetz sieht für die engsten Verwandten des Erblassers sehr geringe Freibeträge vor, ganz anders als in Deutschland. Der überlebende Ehegatte und die Kinder des Erblassers dürfen je einen Freibetrag von knapp 16.000 EUR geltend machen. Andere Freibeträge können unter strengen Bedingungen geltend gemacht werden.
Das Erben des ständigen Wohnsitzes des Verstorbenen erlaubt den engsten Verwandten einen Freibetrag pro Erbe von maximal 122.606,47 EUR, die Erben müssen aber dann die Immobilie zehn Jahre lang behalten. Oder der Erbe kann eine körperliche, geistige oder sensorische Behinderung geltend machen und damit den Wert der Nachlassmasse zwischen 47.858,59 EUR und 150.253,03 EUR je nach dem Grad der Behinderung reduzieren. Der Grad der Behinderung wird allerdings nach den Kriterien des spanischen Gesetzes gemessen. Es kann durchaus vorkommen, dass der Steuerpflichtige eine Schwerbehinderung geltend macht und dass die Steuerbehörde Jahre später, aber noch vor Ablauf der Frist zur Verjährung der Erbschaftsteuer die Erbschaftsteuererklärung nachprüft und die Schwerbehinderung für nicht ausreichend oder für nicht ausreichend nachgewiesen hält. In solchen Fällen muss der Steuerpflichtige damit rechnen, dem spanischen Finanzamt die mit der Geltendmachung der Schwerbehinderung gesparte Erbschaftsteuer samt Verzugszinsen zurückzahlen zu müssen.
Wenn die Erbschaftsteuer allerdings 2001 noch tragbar war, lag das daran, dass die Immobilienwerte, die die Berechnung der Steuer zugrunde legten, in aller Regel mit dem Marktwert der Immobilien nicht übereinstimmten, sondern einiges niedriger waren.
In Spanien muss der Steuerpflichtige den Wert des Nachlasses für das Finanzamt ermitteln und selber die aus der Wertermittlung resultierende Steuersumme errechnen. „Wert ermitteln“ heißt, der Finanzbehörde einen Nachlasswert in der Erwartung zu übermitteln, dass das spanische Finanzamt diesen als real akzeptiert und keine Nachforschungen über den tatsächlichen Nachlasswert mit der Folge einer Nachbesteuerung anstellt.
Der Katasterwert der Immobilien war und bleibt die wichtigste Grundlage, um die geerbte Immobilie mit einem für das Finanzamt tauglichen Wert zu versehen. Manche Landesregierungen Spaniens erlassen jährlich Koeffizientenlisten für ihre Gemeinden. Der jeweilige Koeffizient muss mit dem Katasterwert der fraglichen Immobilie multipliziert werden, so dass ein für das Finanzamt akzeptabler Immobilienwert entsteht. Der so ermittelte Immobilienwert geht als Marktwert durch. Entspricht der von dem Steuerpflichtigen angegebene Immobilienwert dem so zu ermittelnden Wert gleich oder ist er höher, kann der Steuerpflichtige in der Regel davon ausgehen, keine spätere Steuernachprüfung seitens des Finanzamtes ertragen zu müssen.
Der Katasterwert glich über Jahrzehnte in Spanien keineswegs dem Marktwert der Immobilien. Auch der mit Hilfe der Koeffizienten ermittelte Immobilienwert blieb sehr oft unterhalb des Marktwerts. Aus diesem einfachen Grund brauchten sich prinzipiell die Erben vor der spanischen Erbschaftsteuer nicht zu fürchten: Trotz hoher Steuersätze und geringer Freibeträge konnte jahrelang der Immobilienwert in den Steuererklärungen niedrig gehalten werden. Somit blieb die spanische Erbschaftsteuer tragbar.
Die Umstände haben sich aber in den letzten Jahren erheblich geändert. Grund dafür ist, dass viele spanische Gemeinden in eben dieser Zeit die Katasterwerte ihrer Grundstücke drastisch angehoben haben, so dass nun in manchen dieser Gemeinden die Katasterwerte die Marktwerte der Immobilien sogar überschreiten.
Die Anhebung der Katasterwerte hat negative Folgen für mindestens drei Steuern:
1. Die jährliche Grundsteuer der Gemeinde, sog. Impuesto de Bienes Inmuebles (I.B.I),
2. Die Erbschaftsteuer,
3. Die Wertzuwachssteuer der Gemeinde
Die Wertzuwachsteuer ist eine Gemeindesteuer, die fällig wird, wenn eine Immobilie aus welchem Grund auch immer den Eigentümer wechselt. Die Wertzuwachsteuer (umgangssprachlich „plusvalía“ genannt) berechnet sich aus dem Katasterwert des Bodens, nicht des Baus der Immobilie. Auf den Bodenwert zum Zeitpunkt der Übertragung des Grundstücks werden für jedes Eigentumsjahr zwischen zwei und drei Prozent Wertzuwachs berechnet. Bei einem über zehn Jahre anhaltenden Besitz geht also die Gemeinde davon aus, dass der Boden einen Wertzuwachs zwischen 20 und 30 Prozent erfahren hat.
Der erreichte Wertzuwachs wird dann mit einem Prozentsatz zwischen 25 bis 30 Prozent besteuert. Als die von den Gemeinden festgelegten Katasterwerte niedrig waren, konnte man die Wertzuwachssteuer als Anekdote bezeichnen. Wenn aber zum Beispiel eine Gemeinde den Wert des Bodens einer Immobilie mit 500.000,00 EUR festlegt, kann die Wertzuwachsteuer bei einer Eigentumszeit von zehn Jahren 39.000 EUR erreichen. Je länger (maximal zwanzig Jahre) die Besitzzeit zwischen den Übertragungen, desto höher die Wertzuwachssteuer.
Im Falle eines Immobilienverkaufs muss der Verkäufer die Wertzuwachssteuer übernehmen. Im Falle einer Erbschaft ist die Wertzuwachssteuer von den Erben, im Falle einer Schenkung von den Beschenkten zu tragen.
Kann der Steuerpflichtige gegen eine überteuerte Wertzuwachsteuer vorgehen?
Gegen den Wertzuwachssteuerbescheid kann der Steuerpflichtige nur vorgehen, wenn dieser Irrtümer beinhaltet, d. h., wenn die in der entsprechenden Verordnung der Gemeinde für die Abrechnung der Steuer festgehaltenen Richtlinien falsch oder nicht angewendet wurden. Aber eine Beschwerde gegen den Wertzuwachssteuerbescheid hilft dem Steuerpflichtigen nicht, gegen den Wert des Immobilienbodens vorzugehen, der die Grundlage der Wertzuwachssteuer darstellt und somit die Hauptschuld an der hohen Steuersumme trägt. Der Wert des Bodens hat in aller Regel die Gemeinde für ihr ganzes Gebiet mit Hilfe komplexer Kriterien ermittelt, die normativen Charakter haben.
Es gibt zwei Wege, gegen die Bewertung des Bodens seitens der Gemeinde vorzugehen:
1. Beschwerde gegen die Bewertung. Die Einlegung der Beschwerde setzt voraus, dass die Gemeinde dem Steuerpflichtigen den neuen Wert des Bodens offiziell mitgeteilt hat. Nach der Mitteilung kann der Steuerpflichtige nur binnen einer kurzen Frist den neuen Wert des Bodens anfechten. Ein Grund für die Anfechtung kann zum Beispiel sein, dass der neue Wert des Bodens den tatsächlichen Marktwert überschreitet.
2. Antrag auf Änderung der Bewertung. Der Antrag kann nach Ablauf der Frist zur Anfechtung der Bewertung gestellt werden, ist aber nur empfehlenswert, wenn zwischen dem Datum der neuen Bodenbewertung seitens der Gemeinde und dem Antrag auf Änderung Umstände eingetreten sind, die die Korrektheit der ursprünglichen Bewertung in Frage stellen, zum Beispiel ein erheblicher nachweisbarer Wertverlust der Grundstücke.